Fanzine-Profil: Betonbruch

Genre:

Lyrik, Kunst, Gesellschaft, Literatur

Zuerst erschienen:

ca. 1995

Zuletzt erschienen:

04/2007

Anzahl erschienener Ausgaben:

11

Beschreibung des Zines

Leider, leider ist nichts mehr vom Schaffen des „Betonbruch“-Herausgebers im Netz zu finden. Wir sehen einmal wieder: das Netz kann sehr wohl vergessen.

Tim, der Macher des „Betonbruch“ – einigen vielleicht noch bekannt unter seinem Autoren-Pseudonym Maldo:ror – war ein enorm umtriebiger und vielseitiger Zeitgenosse und wird es sicherlich auch heute noch sein. Er wird sich heute neue Betätigungsfelder gesucht haben, auf denen er sich tummelt. Im Jahrzehnt zwischen 1995 und 2005 war er nicht nur als Zine-Herausgeber aktiv, sondern auch als Musiker in seinen Bands „Krankheit der Jugend“ und „Gedankent.raum“ und eben als Autor.

Damit nicht genug: auch als Verleger agierte Tim. Er brachte zwei Anthologien mit Kurzgeschichten heraus („stadt-rand-bild (leere menge)“, Teile 1 und 2). Vor allem aber unterstützte er Bands beim Verbreiten ihrer Musik und war mit seinem KrankeKunstVerlag ein früher Streiter für GEMA-freie Musik und kostenlose Downloads, sofern die betreffenden Musiker das wollten. Es kann gut sein, dass man in Tims Fall mit Recht sagen kann, dass er seiner Zeit und der verfügbaren Technik voraus war. Heute finden wir es normal, uns Musik und Filme günstig oder kostenfrei aus dem Netz zu laden oder über Kanäle wie Youtube zu sehen und hören. Tim operierte damals noch mit frei verteilten CDs und Gratis-Downloads von PDFs und MP3s.

Das Magazin „Betonbruch“ diente nicht zuletzt dazu, den vielen Aktivitäten des Herausgebers eine gemeinsame Plattform zu geben. Im Impressum stand in mehreren Ausgaben der ausdrückliche Aufruf: „Saugt und brennt oder druckt unser Zeug!“

Das „Betonbruch“ gab, wenn man den Blickwinkel etwas erweitert, einem Ideal Ausdruck: freie, selbstmotivierte Vernetzung von Künstlern untereinander und gegenseitige Unterstützung. Das alles auf „Grassroots“-Ebene, ohne Anleitung und Regelung von oben oder durch große Firmen. In einer Selbstbeschreibung des Magazins hieß es: „kommunikative plattform für kunst, literatur und andere musik jenseits der grossverlage und labels und zwischen den stühlen der allwissenden kunst-und literaturwissenschaften.“

Das klingt nach etwas Gutem. Und es klingt, wie der freie Download von MP3s und PDFs auch, nach einer längst vergangenen Zeit. Heute spielt sich alles auf von großen Konzernen bereitgestellten Plattformen ab. Die Ideen, für die das „Betonbruch“ und sein Herausgeber standen, sind aber nicht altbacken. Jeder kann ein eigenes Blog betreiben, ohne ein professioneller Programmierer zu sein. Auch Print-Zines kann man noch immer herausgeben. Vor allem aber verbietet einem niemand, sich unabhängig von großen kommerziellen Kanälen mit anderen Künstlern in Verbindung zu setzen und sich gegenseitig zu unterstützen. – Macht nur kaum noch jemand. Oder?

Seiner vielfachen Funktion geschuldet, hatte das „Betonbruch“ keinen durchgängigen roten Faden, kein Hauptthema. Es war weniger ein Magazin, als vielmehr eben eine Plattform, wie es ja auch in der Selbstbeschreibung hieß. Inhalt und Layout waren oft bunt gemischt. Das konnte schon einmal zufällig und hastig zusammengewürfelt wirken. Aber mein Verdacht ist, dass der Herausgeber dieses Chaotische durchaus bewusst pflegte. So kann man die Ausgabe 5 (1999) von beiden Seiten her aufschlagen und lesen. Sie hat zwei Titelblätter, und die beiden Hälften sind jeweils in anderer Richtung gedruckt. Spätere Ausgaben waren mehrsprachig. Im Layout wurde gerade am Anfang oft mit Collagen gearbeitet – Lyrik, Zeichungen, Kurzprosa, kopierte Flyer, Zeitungsschnipsel, Fotos, gar Handschriftliches bunt kombiniert. – Klassisches Cut & Paste könnte man auch ganz nüchtern sagen. Später, vor allem mit den letzten beiden Ausgaben 10 und 11, wurde das Layout nüchterner und klarer. Im Gegensatz zu den im A4-Format erschienen Heften davor hatten diese beiden Ausgaben auch ein sehr elegantes Format, das etwas kleiner als A4 war.

Seinen Charme und seine Strahlkraft bezog das „Betonbruch“ meines Erachtens weniger aus dem eigentlichen Inhalt, als vielmehr aus seiner Mission und seinen vielfätigen Funktionen.

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  • Foto: Fast alle Ausgaben des „Betobruch“ enthielten irgendeine Zugabe. Eine CD mit Stücken von Bands beim KrankeKunstVerlag war fast immer dabei, manchmal aber auch Gimmicks wie dieses Tütchen mit Würfeln.
  • Foto: Auf der rechten Seite – sieh mal einer an – ein Interview mit dem bescheidenen Macher von <em>fanzineindex.de</em>. Wie doch die Zeit vergeht …