Fragen an Jochen König (08/2008)

Hinweis: Alle Rechte an diesem Interview liegen bei Andreas Dölling [AD] und Jochen König [JK].

Der DDL-Redakteur bei einer Emscher-Wanderung im Ruhrgebiet

Vorbemerkung

Jochen König gibt zusammen mit seiner Frau Agòta das Fanzine „Das Dosierte Leben“ heraus. Dieses Magazin mit den Dutzend Gesichtern erscheint bereits seit 1996 und lässt sich nicht leicht einordnen. Am ehesten könnte man es vielleicht als Kunst- und Experimentierzeitschrift umschreiben. Aber dazu werden die beiden selbst mehr sagen können.

Das Interview

AD: Im Gegensatz zu vielen anderen Fanzines ist „Das Dosierte Leben“ nicht dem unbedingten Willen seiner Herausgeber entsprungen, etwas Gedrucktes in die Welt werfen und sich so mitteilen zu wollen, sondern es ist eher das „Nebenprodukt“ eines Bandprojekts. Richtig? Erzählt mal, wie das war.

JK: Am 4.8.1996 gründeten wir die Dada-Musikgruppe „Die Lebende Dosis“ („Das einzigartige No Fidelity-Dadaismus-Kulturprojekt“) und im Oktober 1996 hatte ich (JK) die Eingebung, eine Bandpostille zu machen, die fortan unter dem Titel „Das Dosierte Leben“ lief. Eigentlich tat ich es nur aus Langeweile, denn ich saß meist mutterseelenalleine in der Werbeagentur, in der ich damals angestellt war und die kurz vor dem Bankrott stand, und es gab einfach nichts mehr zu tun, als mit Gerichtsvollziehern einen Kaffee zu trinken.

AD: Nachdem „Das Dosierte Leben“ anfangs schlicht dem Dadaismus zugetan war, habt ihr vor einigen Jahren kurzerhand eure eigene Kunst- und Philosophieströmung ausgerufen: den „Dosismus“. Wie kam es dazu? War euch das Etikett „Dadaismus“ zu einschränkend? Oder einfach zu uncool? War das Ganze einfach nur ein großer Spaß, so eine Art „Rock’n’Roll Swindle“? Und für was steht denn der Dosismus, was sind die Schnittmengen und Unterschiede zwischen den beiden „Ismen“?

JK: Der Dosismus versucht, eine eigene Note von Do-It-yourself-Kunst zu geben und stellt darauf ab, dass ein jeder Mensch mindestens einmal im Leben seinen „künstigen Moment“ hat, in dem er große Kleinkunst oder kleine Großkunst machen kann. Den meisten entgeht dies bzw. werden sie vom selbsternannten Kulturetablissement an der Entfaltung gehindert. Wir plädieren für die Vereinbarung von bürgerlicher Existenz und dem Machen von Kunst. Dabei sagen wir nicht, jeder sei ein Künstler. Aber jeder hat das Potential in sich, und wir sprechen Mut zu. Von Dada haben wir natürlich viel in uns, von Dada heben wir uns aber ab, weil wir keine separatistische Szene bilden und niemanden ausschließen (lediglich mit Fasching sind wir inkompatibel). Der Dosismus bejaht also die Legitimität einer bürgerlichen Existenz und empfiehlt, so wenig Zeit wie möglich mit dem eigentlichen künstlerischen Schaffensprozess zu verbringen, um umso mehr Zeit für das „richtige“ Leben zu haben, das wiederum ein wunderbarer Rohstoff für die dosistische Kunst ist. Denn auch und gerade das „reale“ Leben ist in die Kunst zu integrieren.

Zwei Säulen sind das:
a) Nehmen: Wir versuchen im Alltag, in beiläufigen Situationen, mithin im bürgerlichen Job und Umfeld, Beeinflussungen für unser Schaffen, Gestalten und Wirken zu finden
b) Geben: Und viele „Un-Talentierte“ anzustiften, sich zu artikulieren, denn wir bieten ihnen die Plattform!

AD: Ihr verfolgt im „Dosierten Leben“ also schon die Beuys’sche Maxime, dass jeder ein Künstler ist, und veröffentlicht bewusst Arbeiten nebeneinander, die sowohl inhaltlich als auch stilistisch und handwerklich sehr unterschiedlich sind. Was würdet ihr dem Einwand entgegnen, dass „Das Dosierte Leben“ damit beliebig wird?

JK: Das liegt auch hier im Auge des Betrachters. Dem „Beliebigen“ versuchen wir alleine durch die Themenstellungen zu entgehen. So baten wir unsere Autorinnen und Autoren, Waren im Wert von exakt 6,12 Euro (dem Preis für eine Ausgabe des Dosierten Lebens) zu kaufen und den Kassenzettel zum Mittelpunkt von Kunstwerken zu machen. Der Zuspruch war enorm und die Freude ist genau die Vielfalt, die entsteht. Es ist einfach spannend, zu sehen, wie unterschiedlich die Leute gleich lautende Aufgaben lösen. Ergo: Einzigartigkeit statt Beliebigkeit!

AD: Dieser gepflegten Anarchie und postulierten Schaffensfreude des Dosismus scheint der Anteil selbstreferentieller Beiträge entgegenzustehen, die teilweise durchaus ein Drittel eines Heftes einnehmen können: lange Vorworte, Manifeste, Maßnahmenlisten, Schilderungen der Marketingstrategie, Abhandlungen zum Dosismus und so weiter. Warum so viel Theorie, so viele Erklärungen? Warum nicht einfach loslegen und die Inhalte für sich sprechen lassen, so wie in früheren Ausgaben?

JK: Das Selbstreferentielle machte uns von Anfang an aus – wir möchten ja die Leute auch anstiften, eigene Kunstrichtungen zu gründen und ihnen Vorlagen zu bieten. Ich persönlich bin ja vom Marketingfach und nutze dies gerne für den Dosismus. Dazu ist dies auch eine ständige Selbstvergewisserung und das heimliche Aufstellen einer Blaupause für ein Buch über den Dosismus, das ein Kunstprofessor in 612 Jahren hoffentlich schreiben wird. Aber auch bei Manifesten und Marketingkonzeptionen macht es nur die Dosis, so dass wir in den letzten Ausgaben in der Tat wieder der Kunst an sich den ihr gebührenden Platz eingeräumt haben.

AD: Ihr seid seit jeher sehr bemüht, „Das Dosierte Leben“ und damit letztlich das Medium Fanzine aus seinem Nischendasein herauszuwuchten, indem ihr regelmäßig Hefte an die etablierten Zeitungen und Zeitschriften und an Universitäten und andere kulturelle Einrichtungen versendet und sehr beharrlich nachhakt. Wie ist euer Fazit bisher? Habt ihr schon einmal Reaktionen – positive oder negative – erhalten, die euch überrascht haben? „Lohnt“ sich der Aufwand, den ihr betreibt, aus eurer Sicht?

JK: „Herauswuchten“ ist ein treffender Begriff. Natürlich braucht man als kleines Magazin einen ungleich größeren Hebel und Willen, um wahrgenommen zu werden. Spex, Intro und einige Tages-, Universitäts- und Stadtzeitungen haben schon über uns berichtet, was auch neue Leser/innen brachte. Gleichwohl gibt es auch viele Nicht-Antworter. Die aber beschimpfen wir nicht als „ignorant“, sondern sehen sie als Herausforderung. Den Feuilletonchef der „Zeit“ bewegten wir übrigens mit dem Zusenden von „Sprechperlen“ (für Wellensittiche) doch zu einer jovialen Antwort. Wir sehen zwar nicht mit Schlingensief „Scheitern als Chance“, doch präferieren wir 50 originelle Leser und Autoren allemal 50.000 Mainstreamangehörigen, denen wir Zugeständnisse machen müssten.

AD: Du, Jochen, hast ja schon zweimal, wenn ich mich recht entsinne, versucht, neue Wörter im Duden unterzubringen. Ich kann mich noch an den „Presser“ erinnern. Woher kam diese Idee? Und warst du erfolgreich mit deinen Bemühungen?

JK: Den „Presser“, das ist eine Person, die sich unerwünscht nah an andere Personen heranbegibt, gibt es in ganz großen historischen Wörterbüchern schon, wie uns der Verlag stolz mitteilte. Der zweite Versuch war es natürlich, den „Dosismus“ im Duden zu platzieren, dies war nicht von Erfolg gekrönt. Man teilte uns mit, dass dies erst ab einer bestimmten Relevanz, die unter anderem an der Zahl der Medienveröffentlichungen festgemacht wird, möglich ist, was natürlich wiederum unseren Marketingehrgeiz anstachelt – der nächste Versuch wird kommen.

AD: Diese Duden-Aktionen haben eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Wettbewerb für Webdesigner, vom dem ich einmal gehört habe. Dabei ging es darum, ein fiktives Wort als Suchbegriff bei Google zu etablieren. Ich weiß jetzt leider keine Details, aber ich will darauf hinaus, dass doch das Internet mit seinen Möglichkeiten und seiner Reichweite für euch und den Dosismus ein großartiger Spielplatz sein müsste. Dennoch habe ich aber den Eindruck, dass ihr eher analog tickt und digitalen Medien nicht so viel abgewinnen könnt. Wie kommt’s?

JK: Unseren Netzauftritt macht mein Freund Werner Rabus, der sehr viele Ideen, aber bei weitem nicht so viel Zeit für die Umsetzung hat. Hier werden wir natürlich zulegen. Ich persönlich bin in der Tat Papierfan und beschränke mich auf die Printausgabe, die mich bei gegebener Zeit gut auslastet.

AD: Dazu passt eine Frage, die ich schon Philipp vom „Human Parasit“ im Interview gestellt habe: was spricht dafür, dass es trotz des Internets immer Fanzines in Papierform geben wird? Mach mal Werbung für Print-Zines!

JK: Ich sehe da eine Koexistenz. Ebenso wie ich noch immer Schallplatten sammle, genieße ich es, handgemachte Papierhefte in Händen zu halten. Auf der Luftmatratze im Baggersee spätestens schlägt Print Web … Die Papiermacher haben die Chance, die Vorteile, die sich aus ihrem Format ergeben, zu nutzen: Charmante Schnippel- und Klebelayouts, aufgeklebte Gimmicks, Pop-Up-Bildchen und vieles mehr. Deine Frage inspiriert mich dazu, derlei verstärkt für „Das Dosierte Leben“ zu nutzen. Ob ich damit Computernerds hinter dem Rechner hervorlocken kann, ist nicht relevant: Printfanzines werden immer ein Publikum haben; wir sehen dies ja – und es kommen Neue dazu. Diese Nische wird immer rocken und hat wenig mit Nostalgie und viel mit Frische zu tun.

AD: À propos Werbung machen – ihr habt für „Das Dosierte Leben“, wie schon erwähnt, eine richtige Marktingstrategie entwickelt und messt euch in eurem Selbstanspruch und einigen eurer Vermarktungstechniken durchaus an den etablierten Medien. Anderes erinnert eher an „Guerilla-Marketing“. Habt ihr damit Erfolg? Vielleicht könnt ihr ja hier einmal ein paar Tipps preisgeben – gerade für die Zine-Einsteiger.

JK: Wir hatten keinen Masterplan, sondern ließen uns stets von unseren Stimmungen leiten, was Inhalte angeht. So war einer der größten Erfolge ein Poster mit einer Verhaftungsszene, unter die wir schrieben „Wieder ein Gegner des Dosismus dingfest gemacht!“. Ansonsten gelten die Marketingprinzipien der Ehrlichkeit (was man in der Werbung verspricht, muss das Produkt halten, sonst soll man den Mund halten) und der Stetigkeit. Wir verstehen Marketing für unsere Kunst als Bestandteil unserer Kunst.
Das beste Marketing ist aber die Glaubwürdigkeit des Produktes und ihrer Macher selbst. Viel Aufsehen erregte unser Besuch beim Bürgermeister der fränkischen Gemeinde Pappenheim, der uns offiziell empfing (und zum Essen einlud!), nachdem wir ihn angeschrieben haben, dass wir ihn und mindestens einen anderen Pappenheimer Bürger kennen lernen wollen, um fortan mit Fug und Recht sagen zu können: „Wir kennen unsere Pappenheimer!“. Derlei Konzepte der „Menschlichkeit auf avantgardistische Art“ möchten wir immer mal wieder umsetzen.

AD: „Das Dosierte Leben“ hat sich unter anderem einen Namen gemacht mit sehr ausgefallenen Themen und vor allem mit extravaganten Formaten. Der Höhepunkt und mittlerweile eine Fanzine-Legende war sicherlich die Ausgabe in Dosenform – echte Blechdosen mit Mineralwasser gefüllt und in „Sex Pistols“-Optik bedruckt. Wer hatte denn diesen Einfall? Und wie habt ihr diese Dosen produziert bekommen? Erzählt mal! Und sind noch weitere solche Streiche zu erwarten?

JK: Nun, wir mussten 512 Dosen abnehmen, bekamen aber durch Fans und Gönner alles refinanziert. Da wir Dosen verherrlichen – und dies nicht nur, weil die Mehrzahl von Dosis Dosen heißt – ging mir persönlich dies schon lange im Kopf rum. Im Film „The Great Rock’n’Roll Swindle“ waren unterschiedlichste Vermarktungsgegenstände in diesem schicken grellen pink-gelben Design zu sehen, so unter anderem eine Flasche. Wir wählten stilecht die Dose, um dem zu huldigen. Es war in der Abnabelungsphase vom Dadaismus hin zum Dosismus, deswegen ließen wir den Spruch „Niemals schere Dich um Dosismus, hier ist’s Dosierte Leben“ auf die Dosen drucken. Heute würde ich „Dadaismus“ durch „Mainstream“ ersetzen. Und für Ausgabe 100 haben wir uns eine Steigerung vorgenommen.

Foto: Die DDL-Ausgabe in Dosenform

AD: Seit einigen Jahren gibt es regelmäßig Metathemen für die einzelnen Ausgaben und manchmal ladet ihr dann sogar gezielt Künstler ein und verteilt „Aufgaben“. Habt ihr nicht die Befürchtung, die Leute mit Themenvorgaben zu sehr einzuengen und vielleicht den einen oder anderen davon abzuschrecken, euch Beiträge zu schicken? Oder war das vielleicht der einzige Weg, die träge Leser- und Künstlerschaft zu animieren, sich am Heft zu beteiligen? Ich weiß ja selbst, wie schwer es ist, zum einen sich selbst vor jeder neuen Ausgabe zu motivieren und zum anderen auch noch die Gastschreiber und -zeichner anzutreiben.

JK: Natürlich hat nicht jeder Lust auf jeden Aufruf. Aber immerhin können wir auf eine Rücklaufquote von 40 Prozent verweisen, was unseren jüngsten Aufruf betrifft: Wir baten um Zeichnungen zu den Themen „Obst“, „Gemüse“, „Dickhäuterarten“ und „Verkehrsarten“. Während bei den beiden ersten jede/r Künstler/in eine Sorte zugeteilt bekam, galt es bei letzteren beiden einerseits „Elefant, Nilpferd, Nashorn, Tapir“ und andererseits „Auto, Zug, Schiff, Flugzeug“ auf Papier zu bringen. Ein Gewinnerspiel für alle: Die Künstler/innen verwirklichen ihre Vorstellungen auf abgegrenzter „Spielwiese“. Die Leser/innen erfreuen sich an Ästhetik und Vielfalt. Die Redaktion weidet sich an den fertigen Produkten und der Rezeption der unglaublich vielfältigen Ausgestaltungen. 160 Zeichnungen liegen vor und warten darauf, irgendwann Teil einer Ausstellung zu werden. Derweil landen die Artikulate in den Ausgaben 61-64 des Dosierten Lebens, die auf rotem, grünen, gelben und blauen Papier gedruckt bzw. kopiert wurden. Nebenbei sind derlei Mailartprojekte eine wunderbare Gelegenheit, „Karteileichen“ zu entfernen, denn wer uns auf drei Schreiben nicht antwortet, der/die wird von uns nicht mehr kontaktiert. Also: unser „innerer Zirkel“ ist alles andere als „träge“, wie zu beweisen war. Wer uns aber, ohne sich mit unserem Magazin im geringsten auseinandergesetzt zu haben, Tonnen an Manuskripten von der Stange sendet, den schrecken wir gerne ab: Buuääähhh!

AD: Für den 4. August habt ihr eine „Natur- und Kulturveranstaltung“ zum 13. Geburtstag des Dosis-Projekts (Band und Zeitschrift) angekündigt. Ist das eine offene Veranstaltung? Was habt ihr denn da so vor?

JK: Die Veranstaltung ist eine geschlossene Veranstaltung für unsere Autorinnen und Autoren und Leserinnen und Leser. So eng sehen wir dies aber nicht, dass da nicht interessierte Passanten willkommen wären. Die Party findet traditionell im Freien statt, diesmal am „Hohen Weg zum Rhein“ in Mannheim-Kirschgartshausen – links („Kigali“). Es gibt lecker Pausenbrote und Dosengetränke. Ralf W. Zuber und Werner K. Rabus haben zwei Spiele-Ralleys entwickelt, bei der die TeilnehmerInnen Sachen suchen, Spuren finden, Rätsel lösen und Gegnstände fotografieren müssen. Darüber hinaus findet eine Performance „Dosenpost“ statt, in der jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer eine wasserdicht versiegelte Dose in den Rhein wirft. Darin ist ein Zettel, durch den Finder gebeten werden, uns diesen mit Fundort und –zeit zurückzusenden. Das Prinzip also von Luftballonwettbewerben und Flaschenpost. Jeder Finder erhält eine Ausgabe des Dosierten Lebens postwendend zugesandt. Am 4.8.2009 ist Siegerehrung bei der nächsten Dosisparty. Der 4.8. nämlich ist jährlich „Tag der Dosis“ – was James Joyce der 16.6., ist uns der 4.8.

AD: Zumindest von dir, Jochen, weiß ich, dass du doch schon etwas älter als zwanzig bist. Es ist gut, Leute zu sehen, die nicht mit jedem Jahr langweiliger werden, sondern weiterhin Dinge tun, die andere als Quatsch bezeichnen würden. Was treibt euch an? Was tut ihr, wenn euch irgendwann einmal die Ideen für „Das Dosierte Leben“ ausgehen? Könnt ihr euch, um es mal pathetisch zu formulieren, ein Leben ohne „Das Dosierte Leben“ vorstellen?

JK: „Niemand verlässt die Dosis lebend“ war schon der Wahlspruch unserer Gruppe seit Tag 1. Das Dosierte Leben ist eine Mission, und es wird immer weitergehen. Zwar in einigen Lebensphasen in geringerer Dosis, sprich kleinerem Output, doch immer wieder nimmt man Eindrücke aus dem Alltagsleben auf, um sie in dosistischer Manier zu Kunst zu verarbeiten. So planen wir, einen Tag lang in Straßencafés Gesprächsfetzen aufzuzeichnen und diese, mit pseudowissenschaftlichen Kommentaren und Theorien versehen, als Heft zu veröffentlichen. So lange diese Leidenschaft ohne Zwang und Zugeständnisse an den herrschenden Zeitgeist gemacht werden kann, so lange machen wir das. Insofern könnten uns nur Diktaturen zu stoppen versuchen. Wir werden also dem selbsternannten Kulturetablissement eine lange Nase zeigen und dem Mainstream ein Schnippchen schlagen.

AD: Danke für deine Antworten! Möchtest du zum Schluss noch etwas loswerden?

JK: Danke für die Fragen! Diese waren nämlich klug gestellt und zeugen von der Auseinandersetzung mit dem Dosismus. Aber du bist ja einer der führenden Experten handgemachter kleiner Hefte, um den Terminus „Fanzine“ mal hölzern zu umgehen. Bei meiner Frau bedanke ich mich für Mitmachen, Verständnis und Geduld für dieses Hobby. Ansonsten zolle ich Respekt für alle, die als Macher, Mitmacher und Leser von liebevoll gemachten Nischenmagazinen mit Stolz und Würde unverzagt ihren eigenen Trampelpfad neben der großen Hauptstraße der Kultur beschreiten. Und: Manchmal macht es nur die Dosis!